Erster Fall ohne Katharina Wackernagel

„Stralsund“: Sophie Pfennigstorf als neue Ermittlerin „am absoluten Nullpunkt“

02.09.2023 um 16:49 Uhr

Erster Fall für die neue Kommissarin Jule Zabek im "Stralsund"-Krimi: Sophie Pfennigstorf spielt die selbstzerstörerische Ermittlerin, die aus Sicht der Schauspielerin ein Alkoholproblem hat.

Nach dem Ausstieg von Katharina Wackernagel, die in 20 Folgen Kriminalkommissarin Nina Petersen verkörpert hat, verstärkt ab sofort Sophie Pfennigstorf als Ermittlerin Jule Zabek das „Stralsund“-Team, das jetzt von Karl Hidde (Alexander Held) geleitet wird. Die Neue wird in ihrem ersten Fall nicht geschont. 

In ihrem ersten Fall "Der lange Schatten" (Sa, 02. September, 20.15 Uhr, ZDF) bekommt sie es gleich mit zwei verschwundenen Schwestern zu tun. Ihr Vorgesetzter findet das nicht alarmierend, bis die Leiche eines der Mädchen gefunden wird. Die fieberhafte Suche nach der Schwester beginnt. Hidde (Alexander Held, l.) und sein Kollege Karim Uthman (Karim Günes) versuchen den Mord an dem Mädchen so sachlich wie möglich zu behandeln, während Jule Zabek emotional wird.

Sophie Pfennigstorf (34) ist in Leipzig ausgewachsen und hat mehrere Jahre an der Ostsee gelebt, in Rostock studiert und in Lübeck Theater gespielt. Ihre neue Wirkungstätte hat sie aber erst während der Dreharbeiten richtig kennengelernt. Nach mehreren Episodenrollen in verschiedenen TV-Serien spielt sie in "Stralsund" ihre erste Hauptrolle. Im Interview mit TV Digital erklärt Sophie Pfennigstorf, warum sie wenig Gemeinsamkeiten mit der von ihr verkörperten Kommissarin teilt.

Ein Interview von Kristina Heuer

TV Digital: Was unterscheidet Sie von Ihrer Rolle?

Sophie Pfennigstorf: Wir haben nicht das gleiche Wertesystem. Ich habe einen anderen moralischen Kompass, ich priorisiere anders und treffe auch meine Entscheidungen anders. Jule ist eine unmittelbare, direkte Person, die aus Intuition und Impulsen heraus agiert, mit weniger Reflexion. Außerdem bin ich nicht so selbstzerstörerisch wie sie. Ich lebe sehr viel gesünder. Natürlich hat Jule auch viel Ballast und ich bin viel befreiter.

Hat Jule ein Alkoholproblem?

Ja, das würde ich schon sagen. Die Frage ist nur, in welchem Ausmaß Ist es eine Phase oder ein etabliertes Problem? Sie ist auf jeden Fall suchtgefährdet. Jule ist am absoluten Nullpunkt. Sie musste viel ertragen. Wenn sie jetzt noch ihren Job verlieren würde, wäre alles vorbei.

Was ist Jules dunkles Geheimnis? Sie haben schon vier Folgen gedreht. Ich möchte so gern wissen, wie es nach dieser gelungenen Auftaktfolge weitergeht.

Die Zuschauer*Innen müssen sich noch etwas gedulden. Natürlich gibt es viele Andeutungen und es ist immer Teil der Geschichte. Warum es dieses Verfahren gegen sie gibt, wird aber   erst später thematisiert

Jule lässt sich gehen. In ihrem Motelzimmer stapeln sich die Pizzakartons und sie leidet unter Schlaflosigkeit. Kennen Sie solche Phasen in Ihrem Leben?

In dieser Heftigkeit zum Glück nicht. Außerdem mag ich nicht so gern Pizza, vor allem schlafe ich sehr gern und gut. Das ist mir auch wichtig, ich pflege meinen Schlaf. Aber natürlich kenne ich auch Phasen, wenn es etwa beruflich stressig wird, dass ich früh aufwache und nicht mehr einschlafen kann.

Jule hat die Größe, sich zu entschuldigen, wenn sie sich verrannt hat. Können Sie das auch?

Ja, ich bin auf jeden Fall jemand, der Fehler eingestehen kann und auch sehr kritikfähig ist. Das habe ich u.a während meiner Ausbildung in Rostock gelernt und sehe Kritik auch als Chance. Jule hat einen verurteilten Vergewaltiger voreingenommen behandelt, hat aber die Größe, sich einzugestehen, dass sie, in diesem Punkt, übers Ziel hinausgeschossen ist und übernimmt Verantwortung. Das finde ich toll an ihr. Darin steckt sehr viel Kraft. Man kann sie auf den ersten Blick zwar als eine Anti-Person lesen, aber sie gibt sich in jeder Situation den Menschen hin, ist sehr pur und ehrlich. Es war mir ein großes Anliegen, sie so zu gestalten und kein stereotypisches Abziehbild einer jungen Wilden zu zeigen.

Tragen Sie privat auch so viel Schmuck?

Meine Phase, in der ich komplett behangen war, ist vorbei. Ich habe zwar die Löcher, bin aber inzwischen ziemlich pur. Eigentlich trage ich nur noch mein Septum (Nasenpiercing). Das ist praktischer zum Arbeiten, da ich ihn rein- und rausmachen kann.

Sprich Sie hatten mal so eine Art Punk-Phase?

Ich mag den Begriff Punk und in diesem Kontext Phase  nicht so gern verwenden. Alternativ wäre vielleicht das bessere Wort. Ich bin im politischen Spektrum in der linken Subkultur.

Sind Sie aktiv oder passiv politisch aktiv?

Ich bin zwar nicht institutionell tätig, aber ich würde auch nicht sagen, dass ich passiv bin. Politisch zu sein, hat einen großen Stellenwert in meinem Leben. Die Dinge sind nun mal politisch, gerade in unserer derzeitigen Welt. Wie ich handle, welche Überzeugungen und Haltungen ich einnehme, daraus agiert ein Miteinander und eine Verantwortung, die man trägt.

Jule kann nicht gut allein sein. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Ich bin überhaupt nicht allein: Ich habe eine tolle Familie, Freunde und mir ein ganz anderes Sicherheitsnetz aufgebaut und gepflegt als Jule. Zwar habe ich, so wie sie, keine Kinder, aber ich wohne nicht allein und schon gar nicht in einem versifften Motelzimmer.

Sie haben lange Theater gespielt, aber immer mal wieder einen Ausflug ins Krimi-Genre gewagt. Benötigen wir überhaupt noch so viele Kommissare*innen?

Wer Schauspieler*in ist, kommt im Moment an dem Genre nicht vorbei. Aber es ist in der Tat nicht die Quantität, sondern die Qualität, die wir brauchen. Es darf auch mal ein Krimi weniger und dafür ein Guter  sein. Bei Jule sehen wir einen Menschen mit Abgründen, den wir trotzdem mögen. Sie fällt aus der Reihe raus. Kein Mensch ist nur ein Hochglanzbild seiner Selbst oder eine Insta-Story. Jeder Mensch hat Abgründe.

"Der lange Schatten": Sa, 02. September, 20.15 Uhr, ZDF und in der Mediathek

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